Für viele ist es einfach ein erfrischendes Getränk, für Dominic Hauser, Chef der Brauerei Ernst, die Verwirklichung eines lang gehegten Traums. Wir treffen den Bierbrauer in seinem neuen Domizil in Aegerten, mitten in den letzten Vorbereitungen zum Herstellen des ersten dort gebrauten Biers.„Nach reiflicher Überlegungen habe ich diesen Schritt gewagt und mich voll und ganz meinem eigenen Betrieb verschrieben. Nächste Woche geht es dann richtig los.” Stolz zeigt er uns seine neue Brauanlage, die er in den eingemieteten Räumlichkeiten installiert hat. Diese hat er teilweise nach seinen eigenen Wünschen in Europa bauen lassen, teilweise stammen sie aus Altbeständen aufgegebener Brauereien. „Zwar wären Anlagen aus China wesentlich günstiger, aber es hätte für mich überhaupt nicht zusammengepasst, einerseits bei allen Zutaten meines Biers auf Nachhaltigkeit und Lokalität zu setzen, aber andererseits Geräte zu kaufen, die wahrscheinlich unter sehr zweifelhaften Arbeitsbedingungen und Umweltaspekten produziert werden. Allerdings bedeutet das für mich natürlich auch ein noch grösseres finanzielles Wagnis.”


Bislang konnte er seinen Lebensunterhalt und seine Brauerei nur mithilfe eines Teilzeitjobs in einer grösseren Berner Brauerei finanzieren, denn dafür war die Kapazität in seinem vorherigen Standort in Köniz einfach zu klein. Nun hat er endlich genug Platz für eine “richtige” Brauanlage: unterschiedlich grosse Tanks und ein voluminöses Sudhaus, in dem pro Sud 500 Liter Bier gebraut werden können. Insgesamt hat er Kapazität für ca. 400’000 l Bier pro Jahr. Dies ist im Vergleich zu grösseren Brauereien immer noch klein, aber für das Unternehmen “Ernst” wäre es ausreichend und könnte auch die Anstellung von weiteren Mitarbeitenden erlauben. Zurzeit macht Dominic praktisch alles allein, nur für die Büroarbeit und das Marketing hat er Unterstützung. Sein Idealismus zeigt sich schon darin, dass er ihnen einen höheren Stundenlohn zahlt als sich selbst. Was die Umsetzung seiner Philosophie angeht, ist er ohnehin sehr konsequent: „Ich habe das Ziel, zu 100% lokal und nachhaltig zu sein.” Dafür hat er z.B. eine Gerstensorte angepflanzt, die er aus Samen der ProSpecieRara-Stiftung gewonnen hat. “Ich wollte eine lokale Sorte benutzen und ausserdem etwas für den Erhalt der Artenvielfalt tun. Weil diese alte Sorte jedoch selbstverständlich nicht für das Bierbrauen optimiert ist, sind die Erträge kleiner. Ausserdem musste ich viel experimentieren, bis ich die gewünschte hohe Bierqualität mit diesen erreichen konnte.” Im seinem “Tørst”-Bier setzt er ausschliesslich auf diese Gerste.
Auch sonst befinden sich viele der Ingredienzien seiner Biere in unmittelbarer Umgebung, wie er uns auf einem kleinen Ausflug in die umliegenden Felder zeigt. Dort treffen wir zufällig seinen Vater, der ihm als Hobby(wein)-Bauer die Leidenschaft am Herstellen von eigenen Produkten und vielleicht auch die Faszination an alkoholischen Getränken mitgegeben hat. Er hilft bei Dominic zudem auch immer wieder mit.
Auf die Frage, warum man in Zeiten des abnehmenden Bierkonsums in der Schweiz Brauer werden will, schmunzelt er. „Schon während meiner Lehre als Lastwagen-Mech hatte ich das Bierbrauen als Hobby immer im Sinn”, beschreibt er seinen Einstieg. Und so dauerte es nicht lang, bis er vom nüchternen Schrauben an dicken LKWs zum oft weniger nüchternen Umwandeln von Hopfen, Gerstenmalz, Hefe und Wasser wechselte. Er begann eine Braulehre und gründete, geradezu übersprudelnd mit Ideen, schon während dieser die Brauerei «Ernst», zunächst auf einer Dachterasse.
Nun in Aegerten angelangt, macht er gewissermassen nun richtig “ernst”. Es werden momentan fünf Sorten regelmässig und weitere Sorten unregelmässig produziert, doch Dominic wäre nicht er selbst, wenn er nicht schon viele weitere Pläne hätte. Ein IPA würde er gern machen, doch braucht man für gute Qualität dafür eigentlich Hopfen aus Amerika. Jetzt entdeckte er in Deutschland eine Neuzüchtung, die die gewünschten zitrus-fruchtigen Eigenschaften offenbar ebenfalls besitzt. Ausserdem plant Dominic ein alkoholfreies Bier („auch weil ich das selbst gern trinke”) und vielleicht auch noch gebraute Limonade. Nebenbei hat er noch ein Projekt mit der Landwirtschaftshochschule HAFL in Zollikofen am Laufen, bei dem mithilfe von Hirse statt Gerste ein glutenfreies Bier entstehen soll.
Leider müssen wir ihn bei seinen enthusiastischen Erklärungen bremsen, weil wir einen Zug erwischen müssen. Doch auch so sind wir überzeugt, für Güter einen Bierlieferanten gefunden zu haben, der unsere Bedingungen erfüllt: nachhaltig, lokal und klein. Daher werden wir neben dem bereits angebotenen hellen Bier auch noch weitere Biersorten in unser Sortiment aufnehmen bzw. neue und spezielle Biere jeweils als “Bier des Monats” verkaufen. Also, Bierliebhaber:innen, für die heissen Sommertage ist gesorgt: “Proscht!”

